Wir wurden schon öfters gefragt, ob wir auf dem Jakobsweg von Vals nach Porto wandern. Wir verneinten diese Frage, da wir uns bisher kaum mit dem Jakobsweg beschäftigten. Auf unseren bisherigen Etappen haben wir das Jakobsweg-Symbol nur wenige Male wahrgenommen:
- VP051/VP052 Philipp nachtwandert nach Arles
- VP053: Arles - Saint-Gilles
- VP088: Torla-Ordesa - Fiscal
Das ist weiter auch nicht verwunderlich, da wir die verschiedenen Jakobswege bisher lediglich kreuzten:
Wie man der obigen Karte auch entnehmen kann, ist der Jakobsweg von Jaca via Burgos, Leon nach Santiago de Compostela dick rot eingezeichnet. Für diese Hauptrouten gibt es zwei Startpunkte/Varianten:
- Camino Aragonés: Somport - Jaca - Puente La Reina (190km) und weiter auf dem Camino Francés bis Santiago de Compostela (weitere 800km)
- Camino Francés: Saint-Jean-Pied-de-Port - Puente La Reina (120km) und weiter via Burgos, Leon nach Santiago de Compostela (weitere 800km)
Zwischen Jaca und Pamplona (120km) werden wir also mehr oder weniger auf einer der Hauptroute des Jakobsweges unterwegs sein - gemäss Literatur wird der Camino Aragonés zwar relativ selten begangen, trotzdem ist das Grund genug, das Thema etwas genauer zu beleuchten.
Historisches
Der Legende nach soll Jakobus - einer der zwölf Apostel - nach dem Tode von Christus auf der Iberischen Halbinsel missioniert haben. Nach seiner Rückkehr nach Palästina wurde er auf Befehl von Herodes geköpft. Sein Leichnam gelangte auf wundersame Weise nach Galicien. Um 813/830 hatte der Eremit Pelagius schliesslich eine Erscheinung/Eingebung, die letztlich dazuführte, dass an der vermeintlichen Grabstelle von Jakobus eine Kirche errichtet wurde - der Grundstein für Santiago de Compostela war somit gelegt.
Im 7./8.Jahrhundert wurde das heutige Spanien mehrheitlich von muslimischen Mauren beherrscht. Nur die nördliche Atlantikküste blieb christlich. Im 8./9. Jahrhundert begann von diesen Gebieten aus die Zurückdrängung der Mauren nach Süden (Reconquista). Die Könige von Asturien und Leon erhoben Jakobus zum Schutzheiligen.
So entwickelte sich Santiago de Compostela neben Jerusalem und Rom zum dritten Hauptziel der christlichen Pilgerfahrt. Bereits im Mittelalter pilgerten täglich bis zu 1000 Menschen ans Apostelgrab und bescherten der Region nicht zuletzt auch einen wirtschaftlichen Aufschwung.
Die meisten Pilger waren und sind aus eigenem Antrieb unterwegs. Im Mittelalter soll es aber auch viele Pilger gegeben haben, welche im Auftrag eines Adeligen den Weg nach Santiago de Compostela unter die Füsse genommen haben. Der zahlende Adelige kam so bequem zu seinem Seelenheil.
Seit über 1000 Jahren wird also nach Santiago de Compostela gepilgert, mal etwas mehr mal etwas weniger.
Jakobsweg heute
Unter der Franco-Diktatur(1939-1975) öffnete sich Spanien erst in den 60-er-Jahren dem Tourismus, weil das Land damals dringend Devisen benötigte. Der Jakobsweg erwachte in dieser Zeit zu neuem Leben. In den 80-er Jahren besuchte der damalige Papst Santiago de Compostela gleich zweimal und trug damit auch zur Wiederbelebung bei. Zudem erklärte der Europarat 1987 den Jakobsweg zum ersten europäischen Kulturweg. Für einen weiteren Boost sorgte Hape Kerkeling 2006 mit seinem Buch "Ich bin dann mal weg".
Heute pilgern jährlich über 400'000 Pilger nach Santiago de Compostela. Wieso man das so genau weiss? Zum Pilger wird man erst mit dem Credencial del Peregrino. Damit hat man auch Zutritt zu den günstigen Pilgerherbergen. In Herbergen und Kirchen sammelt der Pilger fleissig Stempel. Diese weist er am Ziel vor und erhält eine Urkunde, falls er die letzten 100km lückenlos gewandert ist, oder die letzten 200km mit dem Fahrrad zurückgelegt hat. Für die Statistik relevant ist die Anzahl herausgegebener Urkunden. Diese werden übrigens in Spanien auch den Bewerbungsunterlagen für einen Job beigelegt.
Unser Plan
Wir stellen uns der Herausforderung "Pilgeralltag erfahren" wie folgt:
- Die Etappe Jaca - Santa Cilia (VP092) wandern wir auf dem Müscheli-Weg. Übernachtet wird in der Pilgerherberge Albergue de Santa Cilia. Und ja - wir haben uns bereits Pilgerausweise besorgt.
- Die Folgeetappe Santa Cilia - Artieda (VP093) wandern wir ebenfalls auf dem Müscheli-Weg. Wir übernachten nochmals in einer Pilgerherberge und zwar in der Albergue de Artieda.
Ich denke, viel mehr Stempel wird es kaum geben.