Am Montag, 2. Juli fahren Michi und ich Richtung Süden. Auf der Alpennordseite ist es recht bedeckt. In Flüelen steigen wir ins Posti um, da die Gotthardbahnstrecke aufgrund des Felssturzes bei Gurtnellen noch immer nicht offen ist. Die Reuss führt unheimlich viel Wasser.
In Göschenen regnet es leicht - auch in Airolo ist es noch bedeckt, aber die Wolkendecke ist bedeutend dünner.

Um 15:45 kommen wir in Lugano an - zunächst machen wir es uns auf der Piazza Riforma in einem Kaffee gemütlich. So gestärkt geht's dem See entlang zur Talsation der San Salvatore-Bahn.
Diese lassen wir natürlich links liegen und folgen dem Wanderweg bergwärts. Wir haben gerade den Waldrand erreicht als plötzlich bedrohlich grosse Gewitter-Tropfen auf das dichte Blätterdach prasseln - zum Glück dauert das Spektakel nicht allzu lange. Andererseits hätten wir eine gehörige Abkühlung auch begrüsst, denn der Aufstieg in der sommerlichen Schwüle ist recht schweisstreibend. Neben dem Trasse der San Salvatore-Bahn gewinnen wir rasch an Höhe. Auf halbem Weg treffen wir auf einen Abzweiger zu einem Klettersteig, den ich später sicher mal begehen möchte. Es folgen die ersten Aussichtspunkte und schliesslich stehen wir nach knapp 2h schweissgebadet auf dem San Salvatore (912m).
Im Nu sind wir in Carona und schon wenig später spazieren wir über den Damm von Melide.

In Bissone geniessen wir im empfehlenswerten Ristorante Mascotte feine Pizza, bzw. Spaghetti.
Es ist schon ziemlich dunkel als wir uns wieder auf den Weg machen. Zunächst geht's durch die schmalen Gassen von Bissone, dann traversieren wir die Bahnlinie und Autobahn über eine elegante Fussgängerbrücke. Wir passieren das Quartier mit den an den Hang geklebten Häusern und schon bald treten wir in den Wald ein, den wir erst im Sattel von San Vitale wieder verlassen werden. Zunächst beobachten wir hier nur vereinzelte Leuchtkäfer, stellenweise fliegen die in unterschiedlicher Frequenz blinkenden Lichter jedoch gleich dutzendweise um uns herum und zaubern eine eigentümliche Stimmung in den ruhigen Wald. Etwas später hören wir mehrere Käuze (hier hörst Du sie auch).

Auf den breiten und vor allem wurzellos-ebenen Wegen kommen wir auch ohne Stirnlampen gut voran. Nachdem wir das tief schlafende Arogno hinter uns gelassen haben, führt der Weg durch dichten Wald steil aufwärts Richtung Monte Generoso. Das dichte Blätterdach lässt kein Mondlicht durch zudem wird der Weg hier mit jedem Höhenmeter alpiner - wir montieren daher die Stirnlampen und steigen ohne grosse Pausen unserem Ziel entgegen. Immer wieder nehmen wir Fledermäuse wahr, welche als schwarze Schatten vor uns durch die Luft flattern. Belustigt stellen wir fest, je höher wir kommen, je höher sind die Wanderwegweiser angebracht, kurz vor dem Gipfel sind sie mind. 3m über Boden, so dass wir sie beinahe nicht mehr lesen können.

Nachdem wir die üppig gedüngte Schaf- und Ziegenweide durchquert haben, erreichen wir bereits um 02:30 die eingezäunte und somit Schaf- und Ziegen-freie Aussichtsplattform des Monte Generoso. Absicht war es ja, zum Sonnenaufgang hier zu sein - mit meiner Planung von 8h ab Bissone lag ich aber völlig falsch, benötigten wir doch für diese Strecke lediglich 5h. Wir gönnen uns eine ausgiebige Rast und geniessen die Ausblicke auf das Lichtermeer unter uns.
Auf dem langen Abstieg nach Castel San Pietro leuchtet uns der Vollmond den Weg über weite Strecken hervoragend aus.

In den frühen Morgenstunden kreuzt ein fetter Dachs unseren Weg. Dann beginnen auch die Vögel mit ihrem Frühkonzert. Vom Sonnenaufgang bekommen wir nicht viel mit, da wir uns zu diesem Zeitpunkt mitten im Wald oberhalb Castel San Pietro befinden. Dafür werden wir mit einer ganz besonderen Begegenung entschädigt: eine Rotte von fünf oder sechs Widschweinen trabt keine 10m an uns vorbei. Etwas später scheuen wir ein einzelnes Wildchweinchen auf, welches im Galopp den Anschluss an die Rotte sucht. Und bevor wir die ersten Häuser erreichen, macht sich noch eine Gemse im Unterholz unsichtbar.

In Balerna stärken wir uns mit Cappucino und Gipfeli.
Nach einer kurzen Passage durch Industriegebiet sind wir in Seseglio und nehmen den letzten Anstieg vor unserem Ziel in Angriff. Wir treffen auf die skurile Installation des Grenzzauns und stehen nach, 17,5h, bzw. 115,5h wandern an unserem Ziel. Nach einer ausgiebigen Pause marschieren wir zufrieden und vielleicht auch ein wenig stolz nach Chiasso, wo wir nach insgesamt knapp 19h relativ fit ankommen und die Heimreise antreten.

In der Zwischenzeit ist die Bahnstrecke bei Gurtnellen wieder befahrbar und wir können ohne Umsteigen von Lugano nach Zürich reisen, was wir natürlich sehr schätzen.

 

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Profil:

N S 24h 05 Lugano Chiasso Profil

 

Statistik

Distanz: 46 km

rauf: 2510 Hm

runter: 2600 Hm

Zeit: 19h